Franz Kernbeis
23.3.1935 – 14.4.2019Kernbeis hat ein künstlerisches Werk voll von stereotypen Motiven geschaffen. Häuser, Tiere, Flugobjekte, Fahrzeuge, Blumen und vor allem Bäume finden sich auf dem Blatt Papier. Diese mit Bleistift oder Farbstift gezeichneten Abbildungen lassen sich nicht spezifizieren. Ein brauner Stamm, überdimensionierte grüne Blätter, von mit Bleistift gezogenen Umrisslinien eingefasst, die der Künstler dynamisch und gezielt in den Bildraum stellt, zeugen von einer reduzierten Formensprache. Das Dargestellte ist zweidimensional und besteht aus verschiedenen Teilen, die wie zusammengesteckt anmuten. Er fügt scheinbar einen Teil in den anderen ein und zeichnet dann die Felder aus. Die ähnlichen Stilelemente und Motive sind in seinem Werk von der Frühphase, ab den 1970er-Jahren, bis zur Spätphase vertreten. Ein interessantes Stilmerkmal seiner Kunst zeigt sich bei der Beschriftung. Die Titel weisen oft orthografische Fehler auf, die Datierung des entstandenen Werkes wird seit dem Jahr 2000 gewissermaßen in Lautschrift wiedergegeben. Das Jahr 2001 wird als „2000.1“ [„zweitausend und eins“] niedergeschrieben. Franz Kernbeis‘ ursprüngliche Profession als landwirtschaftlicher Hilfsarbeiter und seine Tätigkeit auf dem elterlichen Bauernhof haben sich tief in ihm verankert. Neben dem Baum, der von dieser Prägung zeugt, finden sich bei seinen kleinen bis lebensgroßen Formaten gehäuft Tiere, wie Kühe und Pferde in der Seitenansicht, sowie auch Pflüge. Der Pflug oder vielmehr der „blug“, wie ihn Kernbeis einmal auf einer seiner Zeichnungen betitelt hat, war im Jahr 2006 auch der Namensgeber für die erste Ausstellung des neu eröffneten museums gugging.
Franz Kernbeis wurde mit seinem Zwillingsbruder Johann am 23. März 1935 in Prigglitz im Bezirk Neunkirchen (Niederösterreich) geboren. Er war das jüngste von sieben Kindern und besuchte acht Jahre lang die Volksschule in Prigglitz. Anschließend arbeitete er als landwirtschaftlicher Hilfsarbeiter im elterlichen Betrieb. Im Alter von 17 Jahren traten bei Kernbeis erstmals psychische Probleme auf. Bereits mit 19 Jahren war er in ständiger Betreuung; im Jahr 1952 kam es zu einem ersten Aufenthalt in der damaligen „Heil- und Pflegeanstalt Gugging“. Seit 1955 befand er sich permanent in Gugging; sein Psychiater Leo Navratil stellte ihm in den 1960er-Jahren hin und wieder die Aufgabe, etwas zu zeichnen. Ab 1979 entstanden dann regelmäßig Zeichnungen. Im Jahr 1981 zieht er mit seinen Künstlerkollegen in das „Haus der Künstler“, wo er bis zu seinem Tod am 14. April 2019 lebte und künstlerisch tätig war.